003 - Pflege trifft Reha-Koordinatorin
Shownotes
Reha-Koordinatoren. Noch nie gehört – was ist das, was tun die? Wie wird man Reha-Koordinatorin? Und wie helfen sie dabei, die Pflege in der Reha noch angenehmer und den Aufenthalt für die Patienten/innen noch wertvoller zu gestalten? Das beantworten Stationsleitung Katja und, wer könnte es besser, Reha-Koordinatorin Ines aus dem Dr. Becker Neurozentrum Niedersachsen.
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Folge 003: Pflege trifft Rehakoordinatorin
Folge 003: Aufgenommen im Dr. Becker Neurozentrum Niedersachsen
Folge 003: [TC 00:09:48]„Wir sind komplett digital“. Wie die elektronische Patientenakte die Mitarbeitenden in der Reha entlastet
Folge 003: [TC 00:11:17]Schnittstellenarbeit schafft mehr Zeit für die Patienten/innen. Ines erinnert sich an ihre frühere Arbeit als Pflegekraft im Akuthaus – und findet es in der Reha besser.
Folge 003: [TC 00:19:30]„Dass wir dann auch alle die gleichen Schritte machen mit dem Patienten.“ Was macht eigentlich ein Caregocoach? Grüße an Patrick.
Folge 003: [TC 00:20:45]Bedeutet Schnittstellenarbeit Kompetenzgerangel?
Folge 003: [TC 00:24:04]Ein Tipp: Wie kann man das interdisziplinäre Arbeiten gestalten oder verbessern?
Gordon: Willkommen zurück in diesem Podcast. Wir sind hier heute in Bad Essen im Neurozentrum Niedersachsen, so viel Zeit muss sein. Und rechts neben mir ist die Katja Hintze. Du bist hier Pflegerin, richtig?
Katja: Richtig.
Gordon: Super. Und die Ines Herbag, und du bist Rehakoordinatorin.
Ines: Richtig.
Gordon: Ja, ich bin froh, dass ich dieses Wort auf die Kette gekriegt habe. Wir werden gleich mal so ein bisschen über die Arbeitsfelder einer Rehakoordinatorin, heidewitzka, nochmal sprechen. Aber lass uns vorher nochmal mit dir anfangen, Katja. Was sind denn, vielleicht magst du uns so einen typischen Ablauf hier in der Reha mal skizzieren, und was sind denn so typische Fragen, die Patienten haben, wenn sie hier bei euch sind, so was den Ablauf angeht?
Katja: Also so ein typischer Ablauf beginnt, der beginnt natürlich mit der Aufnahme des Patienten. Der wird angemeldet von der Rezeption, kommt auf Station, wird erstmal von uns Pflegern aufgenommen. Und so die erste typische Frage, die es gibt: Wie lange geht denn die Reha? Wie lange muss ich hierbleiben? Dann nehmen wir den auf, stellen diverse Fragen, haben so ein Aufnahmeprotokoll, das arbeiten wir ab. Und dann rufen wir die Rehakoordinatoren an und dann kommen die mit dem Arzt. Wir geben den Rehakoordinatoren eine kurze Übergabe von den Sachen, die wir erfahren haben vom Patienten und dann fangen die an und nehmen den Patienten auf.
Gordon: Und vielleicht noch mal so ein kleiner Einblick in die Arbeit hier, in die pflegerische Arbeit. Was ist so der Schwerpunkt hier, Neurozentrum sagt es ja schon, aber was sind so die Arbeitsschwerpunkte in der Pflege bei euch?
Katja: In der Reha haben wir mehr Zeit für Patienten als im Akuthaus. Sprich, auch morgens in der pflegerischen Versorgung, wir müssen nicht zack, zack, zack, zack, alles abarbeiten. Wir können auf den Patienten eingehen. Wir führen aktivierende Pflege durch, das heißt, der Patient macht das, was er selber kann selbstständig. Und nur da, wo der Patient Unterstützung benötigt, da greifen wir ein, da helfen wir dem Patienten.
Gordon: Okay. In welcher Rehaphase sind die Patienten hier?
Katja: Das ist unterschiedlich. Wir haben von Phase D, die fitten Patienten, über C bis hin zu Phase B, also zu schwerbetroffenen Patienten. Wir haben hier alles.
Gordon: Okay. Wie lange sind die Patienten im Durchschnitt hier? Weil du hast die Frage am Anfang ja stellvertretend für die Patienten genannt. Gibt es da so eine Roundabout-Zahl?
Katja: Das ist ganz unterschiedlich. Wir hatten hier schon einen Patienten, der war ein halbes Jahr. Also die Spanne liegt von 3 Wochen regulär bis zu einem halben Jahr. Also das kann man nie im Vorhinein sagen.
Gordon: Alles klar, vielen Dank bis hierhin. Ines, jetzt ist es ja so, dass wir in den Episoden vorher Logopäden dahatten, wir haben nachher noch eine Ärztin im Interview, wir haben Ergotherapeuten, gut, das ist eine andere Kiste, aber es gibt Berufe, die muss man irgendwie erklären. Und ich glaube, auch der Beruf …
Ines: Der Rehakoordinatorin, tatsächlich so ein Beruf, den man erklären muss.
Gordon: Wie oft wirst du denn gefragt, was eine Rehakoordinatorin eigentlich ist? So in deinem privaten Umfeld.
Ines: Also tatsächlich in meinem privaten Umfeld wissen es mittlerweile alle, weil ich da schon knapp 10 Jahre jetzt mache. Aber damals, als ich hier anfing, gab es nur zwei Kolleginnen, die vor mir noch angefangen haben, war es halt sehr neu. Das wurde hier eingeführt quasi als ein umfassendes Case-Management. Unser Chefarzt kam aus der Schweiz und hat halt gesagt: Okay, er möchte ein Schnittstellen-Management schaffen, Reibungsverluste sozusagen vermeiden und hat gesagt, er schafft sozusagen eine Stelle, wo Patienten von der Aufnahme bis zur Entlassung durch akademisierte Pflegefachkräfte begleitet werden. Das heißt …
Gordon: Was sind den akademisierte Pflegefachkräfte?
Ines: Also alle Rehakoordinatoren bei uns sind von der Grundausbildung her examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen, Altenpflegerinnen. Ich bin schon so alt, ich bin noch examinierte Krankenschwester, und haben im Anschluss an die Ausbildung dann noch mindestens ein Bachelor-Studiengang in Pflegewissenschaft gemacht. Einige meiner Kollegen haben auch noch ein Master-Studium obendrauf gesetzt. Alle haben eigentlich schon Berufserfahrung in der Pflege gesammelt und haben sich dann noch für ein Studium entschieden.
Gordon: Jetzt hat die Katja schon so ein Stück weit gezeigt, also wo die Schnittstelle schon ist. Vielleicht kannst du nochmal so ein Stück weit in die Tiefe gehen. Was genau ist deine Berufsbeschreibung, was sind deine Tätigkeiten?
Ines: Katja macht dann eine kurze pflegerische Aufnahme und dann komme ich oder eine meiner Kolleginnen zu den Patienten rein und wir machen wirklich ein komplettes Aufnahmegespräch. Wir machen von der Akutsituation – was führt den Patienten zu uns, sei es der Schlaganfall, die Multiple Sklerose, der chronische Kopfschmerz. Wir haben ja nicht nur Patienten, die als Anschlussheilbehandlung kommen, sondern auch Patienten mit chronischen neurologischen Erkrankungen – die nehme ich auf, frage, was sie zu uns führt, warum sie zur Reha sich entschieden haben, welche Vorerkrankungen vorliegen, welche Operationen vorliegen, die komplette vegetative Anamnese. Das heißt, wie läuft es so mit den Ausscheidungen? Gibt es eine Harnblasen- oder eine Mastdarm-Entleerungsstörung? Wie klappt es mit der Nahrungsaufnahme? Werden Mahlzeiten regelmäßig aufgenommen? Gibt es da vielleicht ein Problem, wo wir schon jemanden einschalten müssen aus der Ernährungsberatung? Gibt es eine Schluckstörung, dass die Logopäden eingeschaltet werden müssen? Ich mache weiter mit der häuslichen Versorgung. Wie ist der Patient zu Hause aufgestellt? Wenn ich sehe, jemand kommt mit einer Halbseitenlähmung aus dem Akuthaus, dann frage ich ganz strukturiert: Wie ist die Wohnsituation? Muss er Treppen steigen, welche Hilfsmittel sind vielleicht schon vorhanden? Frage: Mit wem lebt er denn zusammen? Welche Hilfsmöglichkeiten hat er vor Ort? Wohnt er sehr ländlich? Dass man da einfach noch ein bisschen in die Tiefe geht. Im Prinzip sagen wir immer: Das Entlass-Management beginnt halt mit der Aufnahme.
Gordon: Ah okay. Schöner Gedanke.
Ines: Ja genau. Weil je mehr wir bei Aufnahme erfragen, desto besser können wir halt die Entlassung vorbereiten. Bei den berufstätigen Patienten mache ich auch noch eine komplette Arbeitsplatz-Anamnese und erfrage die Reha-Ziele, informiere darüber, wie es dann hier im Verlauf der Reha weitergeht. Ich dokumentiere das in unserer elektronischen Patientenakte, sodass es allen im Behandlungsteam zur Verfügung steht. Und ich stehe dem Patienten, seinen Angehörigen und dem ganzen Team halt den Pflegefachkräften, aber auch allen anderen am Reha-Prozess Beteiligten bei Fragen und Wünschen zur Verfügung.
TC 00: 09:48
TC 00: „Wir sind komplett digital“. Wie die elektronische Patientenakte die Mitarbeitenden in der Reha entlastet
Gordon: Und rein praktisch, wie stelle ich mir das vor? Ist das irgendwo elektronisch hinterlegt?
Ines: Ja, wir haben eine elektronische Patientenakte. Wir sind komplett digital. Also das meiste Papier gibt es zur Entlassung, wenn die Entlass-Mitteilung und Laborwerte und Nachsorgeformulare mitgegeben werden. Und bis dahin ist hier alles digital.
Gordon: Klasse. Also ich kenne das halt noch mit ganz viel Papierwust und einer Patientenmappe, die eigentlich, ja, weiß nicht, hatte jeder seine Mappe angelegt. Und das war so, jeder hat so sein eigenes Süppchen gekocht. Und das fand ich schon, trotzdem fand ich das Interdisziplinäre schon faszinierend, aber das ist natürlich nochmal ein Level mehr.
Katja: Das entlastet natürlich auch unsere pflegerische Arbeit, wenn wir nicht ständig irgendwelche Kurven schreiben müssen. Wir machen den Computer an und können da alles prima drin dokumentieren und müssen nicht immer Kurven schreiben, wie es früher war.
Gordon: Nochmal irgendwie ins Detail. Muss man sich da irgendwie anstellen, um an so einen Rechner zu kommen? Ist der belegt oder gibt es da genug Möglichkeiten, das zu dokumentieren?
Katja: Eigentlich haben wir genügend PCs auf den Stationen. Meistens, also hier auf Station 4, hier wo ich arbeite, haben wir momentan zwei Computer. Wir bekommen jetzt noch einen dritten Computer dazu, dann müssen wir uns nicht mehr so anstellen.
Gordon: Okay. Super.
Ines: Alle Rehakoordinatoren haben ihren eigenen PC in ihrem eigenen Büro.
Katja: Genau.
TC 00: 11:17
TC 00: Schnittstellenarbeit schafft mehr Zeit für die Patienten/innen. Ines erinnert sich an ihre frühere Arbeit als Pflegekraft im Akuthaus – und findet es in der Reha besser.
Gordon: Okay. Lasst uns noch mal ein bisschen einsteigen in diese, du hast es genannt, Schnittstellenarbeit. Entlassung ist ein Thema, Konsil ist ein Thema, hast du genannt. Vielleicht kannst du das noch mal so ein bisschen näher, oder ihr näher erläutern, wie ihr euch da gegenseitig ergänzt?
Ines: Gut, also ich kann ja mal sagen, ich habe ja eben schon gesagt: Im Prinzip beginnt die Entlassungsplanung mit der Aufnahme. Und konkret auf die Pflege bezogen ist es zum Beispiel so, dass wir im engen Austausch sind. Wir gehen auch die Visiten laufen gemeinsam. Die Bereichs-Oberärztin oder Assistenzärztin begleitet die Visite, Rehakoordinatorin begleitet die Visite, jemand aus der Pflege von dem Bereich begleitet die Visite. Da wird dann auch immer mit dem Patienten eng kommuniziert. Und wenn ich dann weiß, Herr Meier-Müller-Schulze, Frau Meier-Müller-Schulze verlässt uns am Mittwoch, dann weiß Frau Meier-Müller-Schulz auch früh genug, dann geht es nach Hause, das und das ist für zu Hause schon organisiert an Hilfsmitteln und wie komme ich nach Hause. Denn das organisieren wir hier auch. Können Angehörige fahren? Benötigt es einen Krankentransport? Benötigt es ein Rollstuhltaxi? Und wenn ein Transport von hier organisiert werden muss, organisiert das die Rehakoordinatorin, kommuniziert das entsprechend an die Stellen. Bei Konsilen ist es ähnlich. Als ich noch in der Pflege gearbeitet habe damals, war das immer irgendwie Aufgabe noch nebenher neben allen pflegerischen Tätigkeiten, die ja auch nicht zu knapp sind, noch eben ein Konsil zu organisieren, noch eben ein Taxi zu organisieren. Das fällt hier komplett in die Aufgabe der Rehakoordinatoren, die das ganz strukturiert machen, wenn ein Konsil ansteht, das Konsil zu organisieren, die Unterlagen vorzubereiten, den Transport zu organisieren, das in die Therapieplanung zu geben, dass es auch auf dem Patientenplan auftaucht. Also da ist die Pflege wirklich nur darüber informiert, dann und dann findet ein CT statt. Der Patient wird um 9:30 Uhr abgeholt. Da wird uns höchstens Bescheid gesagt: Oh, das Taxi ist noch nicht da.
Katja: Genau, wir sind dann eigentlich nur dafür verantwortlich, dass der Patient vielleicht seine Papiere, die bei uns im Schwesternzimmer sind, dass er die dann auch mitbekommt. Und das entlastet uns schon sehr.
Gordon: Lasst uns mal kurz über Entlastung sprechen. Kennst du die Zeiten, die guten alten Zeiten vor der Rehakoordinatorin noch?
Katja: Nein. Die habe ich hier schon mitbekommen.
Ines: Die gibt’s hier von Anfang an.
Gordon: Okay. Ich hätte spannend gefunden zu wissen, wie da so der direkte Vergleich ist. Dass man das merkt, dass jemand noch in der Schnittstelle ist, das glaube ich sehr gerne. Dann gebe ich die Frage an dich, Ines. Du kennst aus deiner, also früher, als du noch als Pflegekraft gearbeitet hast, da gab es vermutlich noch keine Schnittstelle?
Ines: Nein.
Gordon: Wie war denn das Arbeiten ohne im Vergleich zu mit Rehakoordinatorin?
Ines: Ich habe im Akuthaus gearbeitet. Ich finde, das ist noch mal anders. Also Reha habe ich auch erst quasi durch die Tätigkeit hier kennengelernt. Aber ich kenne es halt so, dass in die Pflege immer eine Menge pflegeferne Tätigkeiten reingepackt wurden. Von der Organisation des Taxis über das Verteilen von Wassergläsern, übers Abwischen der Nachtschränke, über das Putzen von Betten nach Entlassung. Und ich erlebe es halt hier so auch aus meiner pflegewissenschaftlichen Expertise und meiner Pflegefachkraft-Expertise, dass hier die pflegefernen Tätigkeiten alle ausgegliedert sind, sodass die Pflegefachkräfte sich einfach auf die reinen pflegerischen Tätigkeiten konzentrieren können.
Katja: Auf den Patienten können wir uns konzentrieren.
Ines: Ja genau.
Katja: Genau.
Ines: Auf den Patienten. Weil euch einfach viele Sachen quasi entlastet werden, die früher so selbstverständlich dazugehörten. Bettenwagen putzen und so ein Kram.
Katja: Das müssen wir am Wochenende wohl schon noch tun, aber unter der Woche nicht mehr. Also ist schon eine Entlastung für uns.
Gordon: Du hast gesagt, Ines, diese pflegefernen Tätigkeiten, die fallen weg, weil du sie eben auch ein Stück weit übernimmst.
Ines: Ja, aber ich putze nicht die Bettenwagen, dafür gibt es andere. Ich wollte das nur noch mal sagen.
Gordon: Okay, verstehe ich, verstehe ich. Was hat das denn für eine Konsequenz? Also du sagst, diese Tätigkeiten fallen weg. Welche Konsequenz, liebe Katja, hat das denn für euch in diesem Fall?
Katja: Dass wir natürlich mehr Zeit für die Patienten haben. Dass wir, zum Beispiel ich noch in meiner Tätigkeit als Fachkraft für Kontinenz-Förderung, könnten ja also nicht nur ich, sondern ich habe noch eine Kollegin, die Frau Gottschol, wir beide tauschen uns da aus, wir beraten Patienten, die halt eine Blasen- oder Mastdarm-Entleerungsstörung haben, und gucken, wie können wir den Patienten helfen und geben das dann an Arzt und Rehakoordinatoren.
Gordon: Es ist ein schweres Wort.
Katja: Es ist ein schweres Wort.
Gordon: Es ist ein schweres Wort. Ja.
Katja: Geben das an den Arzt und an die RK weiter und besprechen dann den Verlauf oder die Möglichkeiten, die wir haben. Und dann gucken wir zusammen: Welchen Weg gehen wir? Welcher Weg ist für den Patienten am angenehmsten und am besten?
TC 00: 19:30
TC 00: „Dass wir dann auch alle die gleichen Schritte machen mit dem Patienten.“ Was macht eigentlich ein Caregocoach? Grüße an Patrick.
Gordon: Jetzt habe ich vorhin schon rausgehört, dass es eben auch Spezialisierungen gibt, die die Pflege, in Anführungsstrichen, mitübernimmt, also einzelne Pflegekräfte eine spezielle Zusatzausbildung haben. Bei dir, du bist jetzt Fachkraft für Kontinenz-Beratung, habe ich das richtig?
Katja: Förderung.
Gordon: Förderung, Dankeschön. Welche Fachkräfte gibt es denn noch?
Katja: Wir haben den Caregocoach. Das ist unser Mobi-Trainer. Das ist Patrick, der hat …
Gordon: Grüße an Patrick.
Katja: … einmal die Woche einen festen Tag, das ist immer der Donnerstag, da plant er sich Patienten ein von den ganzen Stationen, mit denen macht er Mobilisationsübungen. Mit denen läuft er am Rollator, der erstellt ein Konzept, wie kann ich einen Patienten rückenschonend aus dem Bett holen? Gibt das nochmal für die anderen Kollegen, macht eine Fotodokumentation für uns Pflegekräfte.
Ines: Aber auch für die Angehörigen zuhause.
Katja: Auch für die Angehörigen zu Hause, genau. Dass wir dann auch alle die gleichen Schritte machen mit dem Patienten. Nicht, dass einer kommt, der macht das heute so und der andere macht das am nächsten Tag so, sondern wir versuchen immer alle die gleiche Bahn zu fahren und mit dem Patienten die Schritte zu üben, dass er das irgendwann intus hat oder sich merken kann. So machen wir das.
TC 00: 20:45
TC 00: Bedeutet Schnittstellenarbeit Kompetenzgerangel?
Gordon: Wenn ich jetzt an meine Zeit zurückdenke, es ist so ein bisschen Nabelschau jetzt, da gab es immer diese sehr festen Einteilungen: Die Physiotherapie macht das, die Ergotherapie macht das, und wehe da kommt man sich irgendwie in die Quere. Wenn ich jetzt dieses Konzept nehme mit, wie heißt noch mal der Coach?
Katja: Caregocoach heißt das.
Gordon: Mein Gott, was es da nicht alles gibt. Das ist hier, wenn ich mir das jetzt so vorstelle, ich nehme dieses Konzept mit diesem Caregocoach und transportiere das 15 Jahre zurück in meine damaligen Lebenswelt, dann gäbe es da eben so ein bisschen Kompetenzgerangel. Das gibt es hier nicht, wie ich das raus höre?
Katja: Nein, ist mir noch nicht aufgefallen, dass sich da irgendjemand beschwert: Hey, du greifst jetzt in meinen Aufgabenbereich ein.
Gordon: Faszinierend. Großartig.
Katja: Wir unterstützen ja auch die Therapeuten, zum Beispiel, wenn eine Co-Therapie bei schwerbetroffenen Patienten ansteht.
Gordon: Was ist das genau?
Katja: Co-Therapie bedeutet, dass entweder zwei Therapeuten am Patienten arbeiten oder ein Therapeut und eine Pflegekraft. Dass wir da auch immer im Austausch sind. Und da gibt es eigentlich kein Gerangel. Die sind da sehr glücklich darüber, dass da jemand ist, der halt noch außer der Therapie mit dem Patienten was macht.
Gordon: Bei dir ist es ja auch so, du hast ja eine Schnittstellenposition, aber bei dir gibt es ja auch irgendwo eine Grenze. Das heißt, du kannst dann mit dem Patienten irgendwelche Ziele definieren oder seine Ziele definieren und kannst dann auch entsprechend die Kollegen ins Boot holen in diesem Reha-Prozess?
Ines: Genau.
Gordon: Hast du da so ein, weiß ich nicht, so aus der Hüfte so ein Fallbeispiel, was jetzt vielleicht diese Woche, letzte Woche irgendwie bei einem bestimmten Patienten anstand?
Ines: Also ich kann jetzt eher sagen bei Patienten. Ich begleite die von der Aufnahme bis zur Entlassung. Wenn ich dann eine Patientin habe, die zum Beispiel sagte: Hm, ich kann jetzt gar nichts, aber das Ziel ist, ich möchte Treppen steigen. Und sie kommt und ist am Anfang wirklich noch sehr paretisch im Rollstuhl mobilisiert noch von der Rumpfstabilität her mäßig und nur mit zwei Personen überhaupt ein paar Schritte gehfähig. Und dann macht die hier Reha, interdisziplinär vom ganzen Team mitbetreut. Und ich begleite diese Patientin bis zur Entlassung. Ich kann diese Patientin am Entlass-Tag entlassen, ihr ihre Papiere geben, nochmal alles durchsprechen und einfach sagen: Sehen Sie, Sie haben ihr Ziel erreicht.
Gordon: Und welche Leute kannst du konkret mit ins Boot holen? Also zunächst mal, wenn wir diesen Fall mal nehmen würden.
Ines: Da gehört das gesamte Team dazu. Also die Pflege, die mit ihr die Selbständigkeit in den Aktivitäten des täglichen Lebens wiedererarbeitet hat. Die Ergotherapeuten, die mit ihr die obere Extremität vor allen Dingen, weil ein bisschen ist es halt trotzdem aufgeteilt, geübt haben. Die Physiotherapeuten, die das Laufen trainiert haben, auch unter Robot-gestützter Therapie, was wir hier ja sehr ausgeprägt auch machen. Wir sind ja eine der wenigen Kliniken, die diesen Vektor zum Beispiel haben. Die Neuropsychologen, die vielleicht noch ein entsprechendes Hirnleistungstraining angeboten haben. Da gehören wirklich, das ist hier, Reha ist interdisziplinäre Zusammenarbeit. Da kann man sich nicht auf eine Berufsgruppe fokussieren. Die Ärzte, die die Medikation entsprechend angepasst haben. Das ist interdisziplinär. Man kann nicht sagen: Ein Reha-Erfolg beruht auf einer Berufsgruppe, sondern in der Reha arbeiten alle zusammen, der Erfolg des Patienten, der Patient hat auch dazu beigetragen.
TC 00: 24:04
Ein Tipp: Wie kann man das interdisziplinäre Arbeiten gestalten oder verbessern?
Gordon: Ja. Absolut, absolut. Das ist eigentlich schon ein schönes Schlusswort. Trotzdem würde ich gerne noch eine Kleinigkeit mit euch besprechen. Dieser Podcast richtet sich ja an Pflegekräfte und auch an die, die vielleicht noch nicht den Weg in die Reha gefunden haben, weil sie ambulant arbeiten vielleicht, aber auch deren Leben wollen wir natürlich ein Stück weit besser machen. Auch diese Leute, diese Pflegekräfte sind eingebunden, vielleicht in ein Team. Ich kenne das aus meiner Historie ja auch aus Praxen, da hatte ich auch Kontakt mit der ambulanten Pflege. Vielleicht so aus der Hüfte gibt jeder mal so ein Tipp. Wie kann man das interdisziplinäre Arbeiten gestalten oder verbessern?
Katja: In der ambulanten Pflege jetzt?
Gordon: Generell vielleicht. Was sind so Erfolgsfaktoren, damit interdisziplinäres Arbeiten funktionieren kann?
Ines: Wertschätzende Kommunikation.
Katja: Genau. Wertschätzender Umgang.
Gordon: Wie sie sieht der hier aus? Wenn wir das jetzt einfach mal als Beispiel nehmen.
Ines: Jetzt mal ganz ehrlich. Ich glaube, das ergibt sich doch einfach. Wo man nett zueinander ist, wo man nett miteinander umgeht, wertschätzend, freundlich, da gelingt Arbeiten besser. Ich meine, wir erleben das ja auch, auch nochmal aus der Klinikperspektive einfach auch in den Rehabilitanden-Befragungen. Es gibt ja regelmäßig als externes Qualitätssicherungsinstrument, genau, danke, die Rehabilitanden-Befragung zum Beispiel von der DRV, da schneiden wir gut ab. Und das liegt einerseits daran, dass wir natürlich wirklich gute Arbeit hier leisten, aber andererseits wird halt immer rückgemeldet, dass, was hier auffällt, ein extrem freundlicher Umgang mit unseren Rehabilitanden herrscht und aber auch untereinander. Und das ist was, was wir glaube ich ganz gut transportieren. Aber das ist halt eine innere Einstellung. Natürlich sind Katja und ich flachsig und haben …
Katja: Genau.
Ines: … hart, aber herzlich ist es sozusagen.
Katja: Es ist nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen, wir sind uns auch mal uneinig oder nicht einer Meinung, sagen wir mal so. Dann reden wir aber darüber und es versucht nicht jeder so seinen Kopf durchzusetzen, sondern wir versuchen dann den besten Weg für den Patienten zu finden. Und nicht sagen: Nee, ich möchte das aber so. Sondern wir reden miteinander und …
Ines: Und wir reden auch mit den Patienten.
Katja: Genau.
Ines: Das passiert ja in der Regel nicht, dass wir dann sagen: Du musst jetzt aber.
Katja: Genau. So machen wir das und deswegen, also wir versuchen immer den besten Mittelweg für den Patienten dann zu finden.
Gordon: Also ich bedanke mich, dass ihr hier wart und euch die Zeit genommen habt.
Katja: Bitteschön!
Gordon: Und euch jetzt eine tolle Zeit, schöner nahender Feierabend / Mittagspause.
Katja: Danke.
Gordon: Schöne Restwoche und nochmal vielen Dank für die Einblicke und diese Motivation für viele da draußen und für mich, die jetzt erlebt haben: Hey, interdisziplinär geht sogar noch besser und fast papierlos. In diesem Sinne. Vielen Dank!
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